Kindle

Posted: 28th Oktober 2011 by juhudo in Allgemein

Ich bin ja ziemlich gadgetverliebt und so hat der Kindle, den Amazon seit ein paar Wochen für 99 Euro anbietet, sich heute bei mir eingestellt. Eigentlich wollte ich ja den Kindle Fire, aber den schickens uns ja nicht, die Amerikaner.) Er kam in einem coolen, kleinen Päckchen, der in meinem Briefkasten Platz hat.

Mit den Kindle-Apps lese ich ja schön länger eBooks auf dem iPad und meine Android-Handy und bin jeder Mal sehr erfreut, dank Whispersync immer an der richtigen Stelle weiter lesen zu können – das geht natürlch auf mit dem Kindle.

Das Gerät funktioniert sofort, ins WLAN sollte man es noch hängen, es ist leicht, neue Bücher hat man genau so schnell wie mit Computer und iPad und der große Vorteil ist: Man kann in direktem Sonnenlicht am besten darauf lesen, hängt irgendwie mit der Reflexion zusammen – das hab ich am iPad am meisten vermisst.

Aber

sonst ist so ein eBook ein ziemlich langweiliges Ding. „Es tut, was es soll“ hab ich schon oft als (positive) Kritik bei vielen Apps gelesen. Es tut, was es soll: Texte gut lesbar, leicht zum Mitnehmen und in großer Zahl zu Verfügung stellen. Nach fünf Minuten gibts nicht Neues mehr zu entdecken. Alles easy. Ich werde es verwenden und ich freue mich auf meine nächste Reise damit, aber ein ganz kleines bisschen enttäuscht bin ich trotzdem. Da kann aber der Kindle nichts dafür.

Matura 1927

Posted: 22nd Oktober 2011 by juhudo in Allgemein

 

Seit ein paar Monaten liegt die „Maturahausarbeit des Hugo Hötzinger“ bei mir herum. Eigentlich steht sie zwischen meinen Büchern zum wissenschaftlichen Arbeiten und meiner Deutsch-Hausarbeit und meiner Masterthesis.

Hugo Hötzinger war mein Großvater, der schon vor der Geburt meiner Mutter verstorben ist. Ein Unbekannter, der zufällig seine Gene an mich weiter gegeben hat. Die Arbeit habe ich meiner Mutter abgeschwatzt, weil ich es interessant und lustig gefunden habe, dass 1927 schon so etwas wie vorwissenschaftliche Arbeiten für die Erlangung der Hochschulreife geschrieben werden mussten – wie auch ab 2014 wieder. (Jetzt gibt es die sog. „Fachbereichsarbeiten“, die sind aber freiwillig.) Ich habe sie schon ein paar meiner SchülerInnen gezeigt, die (un)freiwillig eine unverbindliche Übung besuchen müssen, bei ich ihnen das wissenschaftliche Arbeiten näher bringen soll. Blöd ist nur, dass UÜn zwar freiwillig sind, die Kids aber eine VWA schreiben MÜSSEN.

1927 schrieb mein Großvater in der deutschen Schreibschrift, nicht in der lateinischen. Er hat sehr schön geschrieben (das finden meine SchülerInnen toll), aber lesen kann man nur mehr wenige Wörter einfach so. Jetzt habe ich mein persönliches Übersetzungsprojekt begonnen. Bisher (drei Seiten lang) geht es nur zäh voran, ein paar Wörter hab ich noch gar nicht hinbekommen, aber ich werde schon etwas schneller bei dem Identifizieren vor allem der Großbuchstaben. Allerdings sieht da ein „H“ aus wie ein „S“, ein“U“ wie ein „A“ und die Kleinbuchstaben unterscheiden sich oft fast gar nicht: n, m, u, r, e… aber man gewöhnt sich daran. Manchmal habe ich schon ein Wort dechiffriert und es hat dann doch etwas ganz anderes geheißen. Auch Stil und Wortwahl sind gewöhnungsbedürftig.

Ich habe herausgelesen: „Kahle, steile Felsen reichen freundlich den wogenden Alpenseen die Hand zur innigen Gemeinschaft.“ Obs stimmt? Sicher bin ich nicht, vor allem nicht bei den „wogenden Alpenseen“.

Ich habe außerdem heute einiges über die Geographie rund um Ampflwang in Oberösterreich gelernt. Google Maps und das Internet  sind sehr hilfreich bei der Recherche nach Ortsnamen.  Ein Bildbearbeitungsprogramm erleichtert das Rätseln, wenn die Wörter zu klein geschrieben sind. 40 Seiten hätte ich noch vor mir. Mal sehen.

 

Two Lectures a Day

Posted: 9th Oktober 2011 by juhudo in Allgemein

Ich weiß ja nicht, wieso immer alles zusammenkommen muss, aber am Donnerstag gabs in Salzburg gleich zwei für mich sehr interessante Vorträge, die immerhin zeitlich hintereinander angesetzt waren:

  1. Prof. Peter Baumgartner stellte in der PH Salzburg sein neues Buch über die Taxonomie von Unterrichtsmethoden vor, an dem er seit Jahren gearbeitet hat und wovon ich bei meinem Studium an der Donau-Uni einiges mitbekommen habe. Er zitierte wie immer, wenn es um dieses Thema geht Kurt Lewin (1890 – 1947 – „Nichts ist so praktisch, wie eine gute Theorie“ ) und stellte sein Modell vor.
    Normale Unterrichtsplanungen findet er zu genau und damit wenig flexibel, zu wenig für Störungen eingerichtet und damit zu unpraktisch. Unterrichtsmethoden gibt es viele, aber keine Ordnung oder Struktur.
    Eine Taxonomie (die Vorläufer von seiner sind Anderson und Krahtwohl) soll bei der Planung und Gestaltung von Unterricht helfen und dabei organisiertes Vorgehen ermöglichen. Begriffe wie Dimension, Theorie, Prinzip, Modell, Muster und Beschreibung schaffen einen „Möglichkeitsraum“ von 130 didaktischen Prinzipien (es können durchaus mehr sein!) und die Taxonomietabelle hilft bei der Übersicht über deren Verwendung und Verteilung.
    Baumgartner unterscheidet zwischen Modellen und Mustern („Weg von Modellen, hin zu Mustern!“). Er versteht unter Modellen verfestigte Handlungsstrukturen (wie die Klippert-Bücher oder 101 eLearningmethoden) und unter Mustern Handlungsprozesse. Aber ich muss das Buch erst einmal lesen! Und es überhaupt bekommen!
    Der Vortrag war wie immer interessant und gut aufbereitet und fand vor hauptsächlich vor PH-MitarbeiterInnen, einigen StudentInnen (und mir – ich werde auch als Studierende bezeichnet) statt. Insgesamt ca. 50 – 60 Leute.
  2. Dann hatten einige andere und ich es eilig zum Vortrag von Prof. Joachim Bauer über Kinder erreichen, stärken, fördern, von der Grünen Bildungswerkstatt Salzburg veranstaltet, zu kommen. Es waren einige hundert Menschen – hauptsächlich LehrerInnen –  anwesend, die sich den tollen Hörsaal der Gesellschaftswissenschaften der Uni Salzburg teilten. Der Hirnforscher Dr. Bauer plädierte für gute Beziehungen zu Kindern, damit Lernen erst ermöglicht wird und belegte das mit Beispielen, Messungen und Forschungsergebnissen. Nichts ganz Neues, aber zum Immer-Wieder-Zu-Herzen-Nehmen. Und Spiegelneurone sind immer spannend.
    Zum Abschluss gab es auch einige Rezepte für Ratschläge an Eltern schwieriger Kinder. Ich hab einfach die Folien abfotografiert, aber es war etwas finster.

    Interessant nebenbei auch Ergebnisse des Trierer Stresstests:

    Er zeigt nämlich, dass Männer eine viel höhere Ausschüttung am Stresshormon Cortisol haben als Frauen – außer, wenn ihre eigene Partnerin an seiner Seite ist. Bei Frauen ist es umgekehrt: viel mehr Stress, wenn der eigene Partner dabei ist. Tja,…;-)

Schulalltag und Computer

Posted: 9th Oktober 2011 by juhudo in Allgemein

Wir haben in unserer Schule zwei wirklich gut eingerichtete Computerräume und zwei Kollegen, die sich sehr darum bemühen, dass diese PCs, die im LehrerInnenzimmer, die in den Klassen (auch für das elektronische Klassenbuch, das seit diesem Schuljahr endlich läuft), die in den Funktionsräumen (Biologie, Physik, Bildnerische Erziehung, Werken, Musik) und die in der Administration (Direktor, Administratorin und Sekretariat) auch einwandfrei funktionieren. Trotzdem gibts immer wieder Stress obwohl wir vom Direktor unterstützt werden, vor allem dann, wenn etwas Besonderes ansteht.

In dieser Woche hatten wir zwei solche Ereignisse:

  1. Die Schule wurde renoviert und 24 190 x 90 cm große Paneele an der Außenfassade sollen mittels Druckfolien gestaltet werden. Eine 6. Klasse, die schon mit GIMP (vor einem Jahr) und mit Photoshop gearbeitet hat, wurde zur Kreativität abkommandiert und ich zur technischen Unterstützung gebeten.
    Problem 1: Unsere PCs sind zwar bestens für Office-Programme und Programmieren ausgelegt, aber nur eingeschränkt für Bildbearbeitung und Videoschnitt. D.h. für alles, was auf dem Bildschirm passiert, funktioniert es, aber was Druckgrafiken in der oben genannten Größe betrifft, da haben wir keine Erfahrung, was benötigt wird (jetzt ist es etwas mehr ;-)) und nur eingeschränkt Hard- und Software.
    Problem 2: Das Open-Source-Programm GIMP eignet sich nicht für große Dateien, für Photoshop haben wir keine Klassenraum-Lizenzen. Das lässt sich mit der 30-Tage-Testversion umgehen (länger brauchen wir eh nicht), aber diese Version ließ sich nicht starten.
    Problem 3: Die SchülerInnen hatten schon einmal gearbeitet und ihre Dateien unter ihrem alten UserInnenprofil abgespeichert. Einer der Administratoren-Kollegen hatte aber die für das Schuljahr neuen UserInnen angelegt und die Kids hatten keinen Zugriff mehr.
    Jedes dieser Probleme führt dazu, dass niemand mehr arbeiten kann, wenn nicht jemand dabei ist, die/der sich mit Netzwerk, Administration und Installation gut auskennt. Ich hatte zwar einen ziemlich fordernden Tag, dazu kam GIMP- und Photoshopcoaching, aber die Hürden konnten umschifft, durchfahren oder überwunden werden.
  2. Eine Biologie-Kollegin wollte mit ihrer Klasse Videos mit Movie-Maker erstellen. Durch die (Neu-/Nicht) Installation von Photoshop war ein Neuaufsetzen der PCs nötig. (Das kann Remote erfolgen, ein PC wird fertig gemacht, die Installationsdatei an alle weiteren geschickt – das funktioniert normalerweise wirklich großartig). Aber die Windows Live Essentials waren nicht mit installiert worden – keine Ahnung, warum. Diesmal war niemand von uns drei anwesend. Das ist sehr peinlich, da die Kollegin sich mehrere Male erkundigt hatte, ob alles funktionieren würde.

Zur Erklärung muss man sagen, dass in unserer Schule etwa 100 PCs installiert und gewartet werden müssen. Dafür gibt es sechs Werteinheiten als Abgeltung. In einer Firma gäbe es eine/n AdministratorIn nur dafür. Ein großer Teil der Arbeit findet in den Ferien statt, weil bei laufendem Betrieb vieles nicht möglich ist. Als InformatiklehrerIn ist man mit einem zweiten Fach wie Deutsch oder Sport viel an der Schule, weil sich die Stunden bis in den Abend erstrecken. Das ist ok. Aber wenn gerade keiner da ist oder man Unterricht hat, ist es nicht leicht für die KollegInnen, ohne Support, der dann meistens in den Pausen oder Freistunden stattfindet, zu unterrichten.

Mein Fazit dieser Woche – und eh nix Neues: Damit digitaler Medieneinsatz an der Schule wirklich funktionieren kann, muss jemand anwesend sein, die/der die KollegInnen und die SchülerInnen technisch und didaktisch unterstützen kann! Aber wie immer gibts dafür ja kein Geld.
Wie es für die SchülerInnen ist? Wahrscheinlich zumindest teilweise ziemlich unbefriedigend.

Und wenn wir weiteres Equipment wie Fotoapparate oder Filmkameras benötigen, da nehmen wir immer unsere eignen mit.

September 2021: „Je weniger Fachwissen, desto besser!“

Posted: 17th September 2011 by juhudo in Allgemein

Einer meiner sprachbegabten Kollegen hat einen Blick in die Bildungspolitik Österreichs des Jahres 2021 getan. Der Text ist viel zu gut, um nur von ein paar Leuten gelesen zu werden. Darum gibts heute einen Gastartikel. Hoffentlich hat die SN nichts dagegen, dass wir das Logo ausgeliehen haben :-).


Und hier die Variante im Leseformat >>> Interview-Bildungsexperte

Ferienlektüre 11(größtenteils): Philip Blom: Böse Philosophen

Posted: 17th September 2011 by juhudo in Allgemein

Um diesem Buch gerecht zu werden, bräuchte es eine besonders ausführliche Rezension. Ich überlasse es der Wikipedia mehr zu berichten, weil in dem Artikel „Böse Philosophen“ viele Rezensionen auflistet sind. Ich habe viel über einige „vergessene“ Philosphen der Aufklärung und ihr Leben erfahren.
Nur soviel: Das Buch hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen. Spannend erzählt und gut leserlich. Nicht so oft bei einem Sachbuch. Uneinschränkt empfehlenswert.

3Sat hat am 4.4.2011 den Bericht „Der falsche Prophet“ gesendet.

Im folgenden Video liest Philipp Blom aus seinem Prolog.

1. Schultag

Posted: 12th September 2011 by juhudo in Allgemein

im neuen Schuljahr. Ich weiß jedes Jahr wieder nicht, was ich außer „Hallo“ und „Schön, dass ihr alle wieder da seid“ mit den Kids anfangen soll. Aber dafür bereiten uns unsere tollen Sekretärinnen eine Mappe vor, in der die Checklist und die Fahrausweise liegen.

Es ist aber auch blöd: Bis vor (eh schon wieder) fünf Jahren hat die Schule am Mittwoch begonnen. Dienstag Nachmittag war Eröffnungskonferenz und wie wurden über die News ins Bild gesetzt und die Nachprüfungen waren abgeschlossen. Jetzt fangen wir am Montag an, die Nachprüfungen sind in vollem Gang, die betroffenen SchülerInnen wissen noch nicht, in welche Klasse sie gehören und bleiben sicherheitshalber bei ihren Freundinnen und Freunden. Bis Dienstag. Oder bis Mittwoch. Erst dann wissen alle, wer wohin muss und der endgültige Stundenplan wird angegangen. Alles, was bis dahin geschah, kann über den Haufen gehaut werden, wenn es zu neuen Teilungen kommt oder Teilungen zusammenfallen.

Vor der Schule stürmen drei meiner SchülerInnen auf mich zu: „Frau Professor, stimmt das, dass George Bush die Abschläge von 9/11 veranlasst hat?“ Aha, sie haben am Wochende die Verschwörungstheorien mitgekriegt.

Naja, ich gehe jedenfalls zur Klasse und weiß von nix, nicht, dass eine Schülerin bei uns wiederholt, weil sie doch keine Nachprüfung machen will. „Aber ich muss gleich wieder gehen, weil ich hab vergessen, wann heut die Schule angeht und mir eine Fahrstunde ausgemacht.“ Aha. Naja, schön – bis morgen also. Die erwartete Anzahl ändert sich nicht, weil auch einer von den meinen nicht zur Nachprüfung antritt. Aber der hat mir am Samstag ein sehr nettes Mail geschrieben und sich für das letzte Jahr bedankt. 🙂

Ein Mädchen ist immer noch da, obwohl sie im Juli noch „100%-ig“ mit der Schule aufhören wollte. Schön, kann also nicht so schlimm gewesen sein bei uns.

Wir sitzen in der Bibliothek, weil das Klassenzimmer mit Zeug aus dem nahe gelegenen Werkraum vollgestellt ist, die Kids dürfen morgen beim Zurückräumen helfen. „Das ist unfair, wir haben es nicht hergeräumt!“ Ja, das Leben in der Schule ist hart, grausam und ungerecht!

Nach einer halben Stunde ist alles gesagt, und die (nur mehr) fünf Boys und (immer noch) 22 Mädels ziehen ab. Ich ordne die Klassenvorstandsmappe, sehe meinen eigenen provisorischen Stundenplan und sehe, dass ich mich betreffs morgigem Teamteachen mit meinem Kollegen abesprechen muss: also hinauf in den dritten Stock. Eine Stunde planen und  Infos austauschen mit den Kollegen, Kennenlernen einer neuen Unterichtspraktikantin. Nett.

Hinter in die Schulbibliothek: Am Donnerstag haben wir kurzfristig beschlossen, eine neue Abteilung mit dazugehöriger neuer Systematik zu eröffnen. Das bedeutet hunderte Bücher in die Hand nehmen und überprüfen, ob sie sich zur Schwellenliteratur eignen, sie zu kennzeichnen und zu verschlagworten. Wie haben da einiges, aber gleichzeitig betrefft das die Altersgruppe, die nicht mehr so viel liest, wei die Kleinen. Optimistisch halten wir es für möglich, dass unsere Aktion da Abhilfe schaffen kann – oder auch nicht. 😉 Jedenfalls erweitern wir unsere BeraterInnenkompetenz wieder um einiges. Fertig werden wir nicht, morgen gehts weiter.

Dann noch kurz mit dem Direktor wegen der morgigen Eröffnungskonferenz gesprochen. Ich will noch etwas zum Jahresbericht, den ich letztes Jahr zum ersten Mal gestaltet habe, sagen. Passt. Ab nach Hause und die Moodle-Kurse fürs kommende Schuljahr anlegen.

 

 

Ferienlektüre 10: Andreas Steinhöfel, Oskar, Rico und die Tieferschatten

Posted: 9th September 2011 by juhudo in Allgemein

Okay, ich gebs zu, ich wollte jetzt auch noch ein zehntes Buch in den Ferien beschreiben. „Die Frequenzen“, „Principia“ und „Vernichtender Hass“ gehen sich bis Montag nicht mehr aus, weil auch anderes zu tun als lesen. Zum Beispiel in der Schulbibliothek zusammen- und umräumen. Gestern nach dem Zusammenräumen, als wir fertig waren, sind wir noch auf die Idee gekommen, die Systematik zu verändern und die Kategorie der „Jungen Erwachsenen“ anzulegen und die Bücher damit sichtbarer zu machen.

Das Schöne am Herumräumen und Diskutieren und Schleppen und Staubwischen ist, dass einen immer wieder ein Buch anhüpft, das man schon lange lesen wollte, aber während der Eingabe und dem Einarbeiten der Bücher sind meistens immer (!) viel zu viele gleichzeitig  da und es ist sowieso immer zu wenig Zeit da.

Gestern haben sich „Winterbucht“ und „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ aufgedrängt – und ich liebe zwischen den Büchern, die tausend Seiten lang sind auch die, die man in zwei Stunden schafft. Andreas Steinhöfel und der Illustrator Peter Schössow haben mir also mein zehntes Buch und einen schönen Nachmittag beschert – und das Wetter hat auch mitgespielt. 🙂

Ich bin Rico auf der Straße begegnet, als er eine gefüllte Rigatoni findet und sie dem Besitzer zurückgeben will. So lernen wir sofort alle weiteren Hausbewohner der „Dieffe 93“ kennen – egal, ob sie zu Hause sind oder nicht. Er ist „tiefbegabt“ (allein für den Begriff liebe ich das Buch) und muss sich die Welt um ihn in passende Portionen gliedern, was er aber unglaublich clever und auch etwas naiv macht. Er denkt halt etwas langsamer und vergisst schneller etwas als seine Umgebung. Was er nicht mag, sind Fremdwörter:

BÜRGERSTEIGGEHER: Passanten. Hab Mama gefragt, wie die noch mal heißen. Fremdwörter in verständliche Wörtermzu übersetzen ist schwierig genug. Umgekeht ist es noch viel schwieriger.

SIMULIEREN: So tun als ob. Zugegeben, das sind vier Wörter, um ein Wort zu erklären. Aber in beiden Fällen sind es gleich viele Buchstaben. Da könnte man gleich so sagen, dass es sofort jeder versteht.

In dieser Berliner Welt werden Kinder entführt, auch Ricos Freund Oskar, der den Fall unbedingt aufklären will. Rico nimmt die Spur auf und weil er sich seiner Probleme bewusst ist, kann er damit umgehen und Oskar retten. Und der weise, tiefbegabte kleine Junge rettet meiner Meinung nach auch alle weiteren Menschen um ihn herum. Gut, dass Steinhöfel noch mehr zu Rico und Oskar eingefallen ist.

Ferienlektüre 09: Michael Köhlmeier, Sunrise (1994)

Posted: 6th September 2011 by juhudo in Allgemein

Eigentlich müsste meine Überschrift ja schon „Schullektüre“ lauten, da ich etwas für den Unterricht im kommenden Schuljahr vorbereite, abes es sind ja noch Ferien, also halt doch noch „FL“.

In „Sunrise“ versuchen ein 53-jähriger Obdachloser und eine 20-jährige Stripperin den Tod davon zu überzeugen, dem jeweils andern das Leben zu nehmen, da er einen von ihnen mitnehmen wird. Er hätte ja auf Leo Pomeranz abgezielt, aber

„Die Sichel [warum eigentlich nicht die Sense?] des Todes sprang vom Kotflügel des Kombi ab und drang in die Brust der kleinen Rita Luna.“

Da es unfair wäre, wenn die versehentlich getroffene Frau mitgehen müsste, hält der „Dünne“ die Zeit am Hollywood-Boulevard um sieben Uhr morgens eine Stunde lang an und beide erhalten die Hälfte der verbleibenden Zeit um Argumente für ihr Weiterleben vorzubringen. Beide erzählen die Geschichte von sonderbar unerfüllt gebliebenen Lieben,  jeder hätte früher einmal nichts gegen das Sterben gehabt, aber jetzt möchten sie es noch nicht.  Gute Argumente dafür haben sie nicht.
Die Erzählung hat eine Rahmenhandlung: zwei Männer, der Amerikaner Richard und der österreichische Ich-Erzähler haben eine Panne und während sie versuchen, ein Auto anzuhalten, erzählt Richard während  die Geschichte. Ob Leo oder Rita oder beide oder keiner sterben, erfahren wir nicht, aber der Ich-Erzähler scheint dranzukommen:

„Ich kann nicht sagen, daß es mir leid tut“, rief er [Richard] dazu. „Es wäre ja sonst nicht mein Geschäft. Aber ich weiß, daß es dir leid tut, und irgendwie verstehe ich, daß es dir leid tut.“
Er warf und traf. – Diesmal traf er.

Auf diese Erzählung wurde ich aufmerksam, weil sie mit dem „Ackerman aus Böhmen“ des Johannes von Tepl in Zusammenhang gebracht wird, einem Text, der im Deutschbuch „klar Deutsch“der sechsten Klasse als Beispiel für den Übergang zur Neuzeit verwendet wird. Allerdings nicht im Lehrbuch, sondern einem Praxis-Deutsch-Heft, das ich gestern anscheinend wieder in die Schulbücherei zurückgebracht habe. 😉
Während der Beschäftigung mit diesem Thema ist mir eingefallen, dass ich mich in einem Teil meiner Abschlussarbeit (damals hieß es Hausarbeit) ja einmal eingehend mit dem „ackerman“ beschäftigt habe. Sie hat den Titel „Deutsche Literatur in Prag zur Zeit der Luxemburger“. 1985 wollte ich gern eine Geschichtearbeit am Germanistik-Institut schreiben, da ich die frühe Neuzeit damals für besonders spannend gehalten habe. (Falls das jetzt nicht verständlich ist, ich verstehe es heute auch nicht mehr so ganz.)  Die mir damals zugänglichen Quellen waren etwas dürftig, aber das ist ja für eine Lehramtsabschlussarbeit ja gar nicht so schlecht. Digital war natürlich gar nix, auch nicht meine Arbeit, die optisch so eine Art Textcollage darstellt, was meint, dass, wenn ich einen Absatz ausbessern wollte, ihn über den alten geklebt, viel TippEx benutzt und einzelne Buchstaben ausgebessert habe. Abgeben konnte ich somit höchstens eine Kopie!

Ferienlektüre 08: Shadowmarch Bd. 4. Das Herz

Posted: 4th September 2011 by juhudo in Allgemein

Ich habe wieder einmal eines dieser Bücher ausgelesen, von denen ich einerseits nicht Abschied nehmen möchte, da sie mich immer etwas vereinsamt zurücklassen, die mich aber andererseits ob ihrer Länge (ca. 860 Seiten) und Spannung von weiterer Lektüre abhalten.
Nach etwas Recherche sehe ich, dass mich Shadowmarch schon seit mindestens 2004 beschäftigt, wahrscheinlich aber schon früher, da Tad Williams damals ein Online-Projekt gestartet hatte – ich weiß nicht mehr genau wie es funktionieren sollte – irgendwie mit Weiterschreiben/Veröffentlichen, nachdem genügend Leute ein paar Dollar bezahlt hätten. Jedenfalls habe ich anscheinend auf die deutschen Ausgaben gewartet (nur den zweiten Band auf Englisch gelesen ;-)).
Williams schreibt tolle, spannende Fantasy mit großer epischer Breite, genauso, wie ich es mag.
Im vierten Band von Shadowmarch werden alle (es sind viele) Handlungsstränge zusammengeführt, es gibt einen gigantischen Showdown, die meisten Protagonisten überleben (man hat sie ja sehr gut kennen und lieben gelernt) und trotzdem ist nicht ALLES vorhersehbar. Der Fantasy werden einige neue Facetten abgewonnen, LeserInnenerwartungen voll erfüllt, was will man mehr!