Eigentlich müsste meine Überschrift ja schon „Schullektüre“ lauten, da ich etwas für den Unterricht im kommenden Schuljahr vorbereite, abes es sind ja noch Ferien, also halt doch noch „FL“.
In „Sunrise“ versuchen ein 53-jähriger Obdachloser und eine 20-jährige Stripperin den Tod davon zu überzeugen, dem jeweils andern das Leben zu nehmen, da er einen von ihnen mitnehmen wird. Er hätte ja auf Leo Pomeranz abgezielt, aber
„Die Sichel [warum eigentlich nicht die Sense?] des Todes sprang vom Kotflügel des Kombi ab und drang in die Brust der kleinen Rita Luna.“
Da es unfair wäre, wenn die versehentlich getroffene Frau mitgehen müsste, hält der „Dünne“ die Zeit am Hollywood-Boulevard um sieben Uhr morgens eine Stunde lang an und beide erhalten die Hälfte der verbleibenden Zeit um Argumente für ihr Weiterleben vorzubringen. Beide erzählen die Geschichte von sonderbar unerfüllt gebliebenen Lieben, jeder hätte früher einmal nichts gegen das Sterben gehabt, aber jetzt möchten sie es noch nicht. Gute Argumente dafür haben sie nicht.
Die Erzählung hat eine Rahmenhandlung: zwei Männer, der Amerikaner Richard und der österreichische Ich-Erzähler haben eine Panne und während sie versuchen, ein Auto anzuhalten, erzählt Richard während die Geschichte. Ob Leo oder Rita oder beide oder keiner sterben, erfahren wir nicht, aber der Ich-Erzähler scheint dranzukommen:
„Ich kann nicht sagen, daß es mir leid tut“, rief er [Richard] dazu. „Es wäre ja sonst nicht mein Geschäft. Aber ich weiß, daß es dir leid tut, und irgendwie verstehe ich, daß es dir leid tut.“
Er warf und traf. – Diesmal traf er.
Auf diese Erzählung wurde ich aufmerksam, weil sie mit dem „Ackerman aus Böhmen“ des Johannes von Tepl in Zusammenhang gebracht wird, einem Text, der im Deutschbuch „klar Deutsch“der sechsten Klasse als Beispiel für den Übergang zur Neuzeit verwendet wird. Allerdings nicht im Lehrbuch, sondern einem Praxis-Deutsch-Heft, das ich gestern anscheinend wieder in die Schulbücherei zurückgebracht habe. 😉
Während der Beschäftigung mit diesem Thema ist mir eingefallen, dass ich mich in einem Teil meiner Abschlussarbeit (damals hieß es Hausarbeit) ja einmal eingehend mit dem „ackerman“ beschäftigt habe. Sie hat den Titel „Deutsche Literatur in Prag zur Zeit der Luxemburger“. 1985 wollte ich gern eine Geschichtearbeit am Germanistik-Institut schreiben, da ich die frühe Neuzeit damals für besonders spannend gehalten habe. (Falls das jetzt nicht verständlich ist, ich verstehe es heute auch nicht mehr so ganz.) Die mir damals zugänglichen Quellen waren etwas dürftig, aber das ist ja für eine Lehramtsabschlussarbeit ja gar nicht so schlecht. Digital war natürlich gar nix, auch nicht meine Arbeit, die optisch so eine Art Textcollage darstellt, was meint, dass, wenn ich einen Absatz ausbessern wollte, ihn über den alten geklebt, viel TippEx benutzt und einzelne Buchstaben ausgebessert habe. Abgeben konnte ich somit höchstens eine Kopie!