Schreiben für die FBA

Posted: 3rd August 2010 by juhudo in Allgemein

FBA – Fachbereichsarbeit = vorwissenschaftliche Arbeit (was immer das auch bedeuten mag!)

In Österreich müssen ab dem Schuljahr 2014/15 alle SchülerInnen eine FBA schreiben, wenn sie die Reifeprüfung ablegen wollen. Da ich ab September Deutsch in einer 5. Klasse (9. Schulstutfe) unterrichten werde, wird die Vorbereitung dazu ein wichtiger Teilbereich sein.
Bisher „dürfen“ in unserer Schule nur besonders gute SchülerInnen FBAs schreiben, da sie neben guter sprachlicher Kompetenzen auch sehr viel Arbeitszeit vorausetzen – bei SchülerInnen und LehrerInnen. Ab dem kommenden Schuljahr müssen alle dieses Ziel erreichen, also fange ich an mir zu überlegen, wie.

Heute bin ich auf ein Dossier der Hochschule Zürich gestoßen (geschrieben von Otto Kruse, einem Experten für wissenschaftliches Schreiben) und der hat Vorschläge für StudienanfängerInnen, von denen der eine oder andere aicher auch in der Schule umgesetzt werden kann. Ich weiß, dass ich beim falschen Ende anfange, aber es schadet ja nicht zu wissen, wo man hin will.

Die Grundfragen eines Schreibprojekts

  • Kritischer Essay:
    Eine klare These wird mit einer wirkungsvollen Argumentation untermauert und mit wissenschaftlichen Belegen  begründet.
    [Kann ich mir in kleinem Umfang vorstellen.]
  • Annotierte Bibliografie:
    Eine Zusammenstellung von Zusammenfassungen (auf jeweils maximal einer Seite) der wissenschaftlichen Literatur zu einem definierten Thema, verbunden jeweils mit kurzen einordnenden Bewertungen. Die annotierte Bibliografie ist insofern eine Vorstufe zum Literaturbericht und zur Seminararbeit, als sie zu genauem Referieren und Kommentieren der gelesenen Arbeiten zwingt, aber noch keine Synthese, vergleichende Bewertung oder Integration verlangt.
    [Als Vorbereitung, Teil des Erarbeitungsprozesses; vor allem auch für Internetseiten]
  • Buchbericht:
    Eine Inhaltsangabe zu einem Buch, einige Kapitel werden genauer zusammengefasst und kommentiert. Er zwingt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit einer einzelnen Quelle und kann damit exemplarisch verdeutlichen, wie der Umgang mit Quellen vor sich geht. Er zwingt zu genauem Lesen, zur Zusammenfassung und zur Reflexion des Gelesenen und kann für den Studienanfang eine angemessenere Leistung sein als eine Arbeit, die gleich die Synthese vieler Veröffentlichungen verlangt.
    [In der Schule vielleicht ein „Kapitelbericht“? Exzerpt + Bewertung]
  • Portfolio:
    Portfolios sind Sammlungen von unterschiedlichen Texten, die mit begleitenden Kommentaren versehen werden. Portfolios verlangen in der Regel nicht nur gleichartige, sondern sehr unterschiedliche Texte, beispielsweise einen argumentativen Text, ein Thesenpapier und einen Erfahrungsbericht. Im Portfolio können zudem verschiedene Versionen, Vorüberlegungen, Planungskonzepte, Reflexionen zum Schreibprozess, Feedback von anderen, Rechercheergebnisse, Lerntagebucheintragungen, Rohfassung und gestrichene Passagen enthalten sein.
    [Ein PortfolioWiki zu Wissenschaftlichem Arbeiten?]

Quelle: Kruse, Otto: Wissenschaftliches Schreiben und studentisches Lernen, S 13 (gekürzt)

Schreib- und Forschungsprozess

Als ich durch das Dossier durch war und mir das Litertaturverzeichnis durchgeschaut habe, kam gleich der nächste Kruse-Artikel, der mir relevant scheint:

Schreibkompetenz und Studierfähigkeit. Mit welchen Schreibkompetenzen sollten die Schulen ihre Absolvent/innen ins Studium entlassen?
In: KÖBES. Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik. Reihe A. Texte schreiben herausgegeben von Michael Becker-Mrotzek, Ursula Bredel & Hartmut Günther, Köln, 2007, S 117 – 145

Abgesehen dass Kruse auf die Fragwürdigkeitvon Bildungsstandards im Zusammenhang mit Schreibkompetenzen eingeht (lesenswert, S 120 f), weil dabei die kontextabhängigkeit nicht gegeben ist, wünscht er sich von der Schule folgende Schreibkompetenzen (S 135 – 136):

  • Einen Text auf sprachliche Richtigkeit prüfen: Regeln für Rechtschreibung, Grammatik und Satzbau kennen
  • Einen Text für die Veröffentlichung in einem bestimmten Medium vorbereiten: Textkonventionen eruieren, mediale Besonderheiten und Gestaltungsvorschriften erkunden
  • Prüfen, ob ein Text für seine Adressaten geeignet ist
  • Zu wissen, wodurch man die Verständlichkeit von Texten erhöht
  • Nachschlagewerke und Verzeichnisse kennen, die zur Prüfung sprachlicher Korrektheit herangezogen werden können
  • Ein Schreibprogramm beherrschen und neben den Rechtschreibe-, Grammati und Trennungsprogrammen auch Gliederungs- und kennen Formatierungsfunktionen benutzen können
  • Einen persönlich bedeutsamen Brief schreiben und ihn von einem formellen Brief unterscheiden; Alltagssprache von Wissenschaftssprache unterscheiden können
  • Sachverhalte oder Ereignisse nach ihrer persönlichen Bedeutung reflektieren und Lerntagebücher anfertigen
  • Handlungen, Handlungsabfolgen oder Ereignisketten protokollieren und entsprechend der Kontextbedingungen sprachlich dokumentieren
  • Einen Text interpretieren und die Aussagen oder Wahrheitsbehauptungen, die er enthält, diskutieren
  • Eine These formulieren und sie mit logischen Argumenten stützen, Gegeneinwändefair wiedergeben und mit Argumenten widerlegen; die Wirksamkeit von Argumenten abschätzen
  • Die Konstruktionsmerkmale, Funktionen und Bedeutungen einiger wichtigerTextsorten aus Wissenschaft, Literatur und Journalismus kennen
  • Die wichtigsten Schritte der Textproduktion kennen und mit Techniken zum Brainstorming, Ideen ordnen, Strukturieren, Überarbeiten, Feedback vertraut sein
  • Mit kooperativer Textproduktion vertraut sein und wissen, wie man gemeinsam Ideen entwickelt, ein Konzept herstellt und arbeitsteilig einen Text schreibt
  • Lesetechniken für Sachtexte kennen
  • Wissen, wie man eine kompetente Zusammenfassung herstellt und eine gewisse Übung darin aufweisen
  • Einen Wissensbereich (als Teil eines Unterrichtsprojektes) selbständig (oder in Gruppen) erarbeiten und konsistent darstellen, z.B. in einem Referat
  • Vorstellungen zu besitzen, wie man einen Text gliedert und Textkohärenz herstellt
  • Regeln des Zitierens kennen und einfache diskursive Texte herstellen können
  • Die wichtigsten journalistischen Textsorten kennen und sich an einigen journalistischen Texten probiert haben (z.B. im Rahmen eines entsprechenden Projektes).

Das meiste davon passiert im Unterricht, auf anderes könnte man den Blick besser lenken. Und die Liste auch den SchülerInnen zeigen. Vieles davon lässt sich mit den neuen Medien sicher leichter durchführen als bisher.