Die schriftliche Zentralmatura wird auf das Lehrverhalten durchschlagen, aber wie? und Wie viel Mainstream verträgt die Schule? fragt der Autor Ludwig Laher im Standard vom 15. April 2011. http://derstandard.at/1302745323633/Wie-viel-Mainstream-vertraegt-die-Schule
Er kümmert sich von der IG Autorinnen Autoren aus mit einigen anderen darum, welche Rolle die Literatur in der NRP spielen soll – und ob überhaupt noch.
In unserer Schule zum Beispiel stehen immer noch zwei von drei schriftlichen Maturathemen im Zusammenhang mit Literatur: eine Interpretationsaufgabe, eine literarische Erörterung und die dritte ist dann eine weitere textbasierte Erörterung ohne literarischen Kontext.
Laher schreibt über seine Besprechung mit den zuständigen Leuten des Bifie:
Viel war von Kompetenzen, Objektivierung, Standardisierung und Vergleichbarkeit die Rede. Dem musischen Gymnasium mit Literaturschwerpunkt und der Elektrotechnikabteilung einer HTL sollen in Zukunft, so der Gesetzgeber, dieselben Aufgabenstellungen blühen, auch wenn Letztere weniger Deutschunterricht hat und keine Kenntnisse in Philosophie, Psychologie, Biologie, Musik oder Bildnerischer Erziehung vorausgesetzt werden dürfen, weil diese Fächer dort nicht unterrichtet werden. Weiters werde ein verbindlicher Textumfang festgesetzt, für Abweichungen jenseits eines relativ engen Korridors drohen Abzüge. Literaturthemen, gar Arbeiten in literarischer Form ließen sich in den Textsortenkatalog der neuen Reifeprüfung nur schlecht einordnen, wurde uns beschieden, denn ihnen wäre objektiv nur mit größter Mühe beizukommen. Dass jeder Maturajahrgang ein literarisches Wahlthema vorgesetzt bekäme, darauf wollte man sich nicht festlegen lassen.
Die IG Autorinnen Autoren hielt dagegen, dann müsse man wie in Englisch den Schwerpunkt auf Multiple-Choice-Aufgaben, Einsetzübungen und simple Kurzantworten legen, schließlich ließe sich kein längerer Text, der selbstständiges Denken beinhalten solle, objektiv beurteilen. Komme die Deutschmatura ohne Literatur aus, müsse man davon ausgehen, dass literarische Texte, Lehrplan hin, Lehrplan her, eine immer geringere Rolle im Unterricht spielen, und das vor dem Hintergrund der Pisa-Studien, wonach es mit dem sinnerfassenden Lesenkönnen in diesem Land nicht sonderlich weit her ist. Leseerziehung ist natürlich nicht nur Sache des Deutschunterrichts, und selbst an Gebrauchstexten lässt sich üben. Aber kann es wirklich Zweck der Deutschmatura sein, lediglich Leserbriefe, Erörterungen, Empfehlungen und ähnliche Textsorten anzubieten?
- Und ich hab auch noch nicht verstanden, warum Bildungsstandards und neue teilzentrale Reifeprüfung soooo wichtig sind. Ich bemühe mich wirklich darum, suche, verfolge und lese alles, was mir in die Finger kommt, weil ich immer denke, da müsste noch etwas kommen, das mir dabei auf die Sprünge hilft.
- Und warum müssen wir eigentlich alle MaturantInnen – zumindest was die schriftlichen Arbeiten betrifft – gleich ausbilden. Und warum müssen alle mündlichen Prüfungsfragen innerhalb einer Schule gleich sein – und nicht auch dem ganzen Land oder Bundesland oder der Stadt.
- Und warum sollen alle gleich oder zumindest vergleichbar ausgebildet werden – lebt unsere Gesellschaft nicht von der Vielfalt? Geht es nicht viel mehr um Flexibilität und Kreativität im Umgang mit neuen Situationen?
- Und was ist mit der viel zitierten Individualisierung im Unterricht? Mir ist auch immer noch nicht ganz klar, wie man sich diese Verbindung vorstellt!
Ich lasse noch einmal Laher zu Wort kommen:
2013/14 müssen die ersten Prüflinge die zentrale Deutschmatura ablegen, aber wie sie aussieht, wird noch länger unklar bleiben. Von Anfang an, so Wintersteiner, habe man dem Ministerium nahegelegt, keine voreilige Einführung festzusetzen. Schließlich bedürfe es intensiver Recherche, aussagekräftiger Testphasen und eines ausführlichen Feedbacks der Lehrerschaft, ehe die Textsorten, die Form der Aufgabenstellungen, die Korrekturhilfen usw. festgelegt werden könnten. Man stieß auf taube Ohren. Und so gibt es längst im ganzen Land verpflichtende Fortbildungsveranstaltungen für Deutschlehrkräfte, sogenannte Roadshows, bei denen die Vortragenden notgedrungen kaum Konkretes zu vermitteln wissen.
Dem letzten Satz kann ich aus eigener Erfahrung nur zustimmen!